Ausstellung am Regensburger Domplatz zeigt das Leben der Flüchtlinge auf Lesbos

Ausstellung am Regensburger Domplatz zeigt das Leben der Flüchtlinge auf Lesbos

Mit einer Foto-Ausstellung am Regensburger Domplatz will die Sozialreporterin Alea Horst aus Reckenroth gemeinsam mit dem Verein Space-Eye auf die Not der Flüchtlinge auf Lesbos aufmerksam machen.

Von Martina Groh-Schad =

Regensburg – Hinschauen, wenn andere wegschauen, ist für Alea Horst zur Lebensaufgabe geworden. Doch die 38-jährige Fotografin aus Reckenroth will noch mehr. Mit ihren Fotos sucht sie Zugang zu den Herzen der Menschen und will sie dazu bewegen, einen Blick auf das Elend in dieser Welt zu werfen. „Ich bin ja nicht betroffen, ich muss nur hinsehen“, betont sie. Mit ihrer Kamera gelingt es Alea Horst, auch an den dunkelsten Orten dieser Welt, Schönheit, Leichtigkeit und Freude in den Gesichtern der Menschen einzufangen. Ihre Fotos geben dem Betrachter Mut, einen Blick auf eine Welt zu riskieren, in der wir nicht leben wollen. Wir sollen Lust bekommen, einen Beitrag zu leisten, diese Welt zu verbessern, weil es auch im größten Elend etwas Positives zum Entdecken gibt.

Mehr als 20 große Fotos aus dem Flüchtlingslager auf Lesbos sind ab Sonntag, den 18. April 2021,  gedruckt auf wetterfesten Hartschaumplatten, auf dem Regensburger Domplatz zu sehen. Die Fotos in einer Größe von bis zu 1,50 Meter werden an Baugerüsten befestigt und zeigen Ankommen und Alltag in den griechischen Flüchtlingslagern. Zum Teil erstrecken sich die Bilder über mehrere Platten. „Die Ausstellung wurde Pandemie bedingt als Outdoor-Ausstellung gestaltet“, sagt Hans-Peter Buschheuer, Pressesprecher vom Verein  Space-Eye, der die Wanderausstellung mit Unterstützung der Seebrücke e.V. nach Regensburg geholt hat. Mit der Ausstellung wollen sie auf ihre eigenen Rettungsaktionen im Mittelmeer aufmerksam machen und um Unterstützung werben. Zuvor war die Ausstellung bereits in Trier zu sehen.

Auf dem Domplatz bleiben die Fotografien nun zwei Wochen lang öffentlich zugänglich. „Wir wollen Passanten im Vorbeigehen interessieren“, erklärt Buschheuer. Weitere Schauflächen in der Domstadt sind im Anschluss vorgesehen. Oberbürgermeistserin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) soll die Foto-Ausstellung eröffnen. Auch die Fotografin, Alea Horst, reist zur Eröffnung an.

Auf den Bildern sind Alltagsszenen aus dem Flüchtlingscamps zu sehen. „Ich wollte das Leben und das Leiden zeigen, wie es ist“, sagt die Fotografin. Mit ihren Bildern wolle sie Brücken bauen. Die Menschen sollen beim Betrachten der Fotos eine Idee davon bekommen, wie schlimm es in den Lagern zugeht. „Es sind nicht nur Flüchtlinge, sondern  Menschen“, betont Alea Horst. Sie habe keinen plakativen, sondern einen sensitiven Blick auf die Betroffenen werfen wollen.

„Mir ist es wichtig, den Menschen ihre Würde zu lassen.“ Selbstverständlich frage sie immer vorher, ob sie Fotos machen dürfe. Wie überall gäbe es auch im Flüchtlingslager Menschen, die das nicht möchten. Andere wiederum drängten sich in den Vordergrund. „Sie wollen sich und ihre Lebensumstände zeigen in der Hoffnung, dass die Menschen auf der Welt ihnen helfen.“

Insgesamt vier Mal für jeweils drei Wochen war Alea Horst in den Flüchtlingslagern und hat dort die Arbeit verschiedener Hilfsorganisationen unterstützt. Sie ist nicht nur als Fotografin vor Ort, sondern sie packt an und hilft mit, was für das Gelingen ihrer Fotos wesentlich ist. „Die Menschen haben mich aufgenommen und in ihr Leben gelassen“, erklärt sie. Beim Erzählen hört man, dass sie das mit Stolz erfüllt. Schon oft sei sie von den ärmsten Menschen dieser Welt eingeladen worden, in ihrem aktuellen Zuhause unter Plastikplanen, Tee mit ihnen zu trinken. „Ich habe Menschen getroffen, die nichts haben und nur ihr Herz mit anderen teilen“, sagt Alea Horst.

Ursprünglich konzentrierte sich Alea Horst auf Hochzeitsfotografie. Ihre Homepage unter www.aleahorst.de spiegelt das noch wider und darf als überholt gelten. Irgendwann wird sie dort ein neues Profil erstellen. Seit fünf Jahren konzentriert sie sich beständig zunehmend auf soziale Themen, für die sie brennt und die sie mit ihrer dokumentarischen Arbeit in den Mittelpunkt rückt. Sie hat Straßenkinder in Rumänien fotografiert, Kinderarbeit in Bangladesch und die Not in Aleppo.

2016 reiste sie zum ersten Mal nach Lesbos. „Das hat mein Leben komplett verändert“, sagt sie. „Wenn man das Elend der Menschen dort gesehen und gerochen  hat, Dann kann man nicht mehr in ein normales Leben zurückkehren.“ Not rieche ungewaschen und speckig. „Es ist ein ganz spezieller Geruch.“ Im Auftrag verschiedener Hilfsorganisationen hat sie Menschen am Strand von Lesbos in Empfang genommen, die sich und ihre Kleider über Wochen nicht waschen konnten. Sie hat sie mit Lebensmittel versorgt, Kleider der Hilfsorganisationen für sie sortiert und ihnen vor Ort Medikamente beschafft. Immer wieder kam ihre Kamera zum Einsatz. „Am Abend konnte ich in mein Hotelzimmer gehen“, sagt Alea Horst und erinnert daran, dass Lesbos eine touristisch erschlossene Insel ist, zu der das Elend gar nicht passen will, das vor Ort geschieht.

Mit ihren Fotos will sie für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. Bisher musste sie vieles ehrenamtlich leisten. Um sich und ihre Dokumentationsreisen zu finanzieren, gründet sie aktuell den Verein Alea e.V., der sie bei ihrer Arbeit unterstützen soll. Sie macht Fotos, aber hört auch zu. „Die Menschen sind dankbar, wenn sie ihre Geschichten erzählen können“, sagt sie. Sie findet immer jemanden vor Ort, der ihr beim Übersetzen hilft. Zur Not geht es auch mit dem Google-Übersetzer. „Die Menschen sind so froh, wenn man ihnen Aufmerksamkeit schenkt.“

Ihr Antrieb sind ihre Erwartungen an sich selbst. „Ich habe mich gefragt, wie  ich auf mein Leben zurück blicken möchte, wenn ich mal alt bin“, sagt sie. „Ich wollte mir nicht vorwerfen müssen, dass ich es nicht wenigstens versucht hätte, die Welt zu verbessern.“ Ihre Arbeit sei extrem bereichernd, weil sie ständig engagierte Menschen treffe, die „die Ärmel hochkrempeln und anpacken“. Zudem treffe man in den Flüchtlingslagern Menschen, die sich nicht hängen lassen und die die Hoffnung niemals aufgeben.

Das Schlimmste für Alea Horst sei die Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber dem Leid, und auch die Anfeindungen, die sie erfahre, wenn sie über Flüchtlinge berichte. „Ich muss oft ganz viel Hass aushalten“, sagt sie. Vor einigen Wochen gestaltete Alea Horst einen aufwändigen und hochwertigen Bildband, um das Leben der Menschen vor Ort zu dokumentieren. Die Bücher gingen an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesinnenminister Horst Seehofer und die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen. Von Seehofer kam bereits eine emotionale Antwort zurück. „Ob er sich die Bilder wirklich angesehen hat und ob es etwas bei ihm bewirkt hat, weiß ich natürlich nicht“, räumt Alea Horst ein. Aber sie hat Hoffnung. Wenn er bei der nächsten Abschiebung nur einmal kurz an ihre Bilder denkt, habe sich ihre Arbeit schon gelohnt.

Mehr Informationen unter www.aleahorst.de.

 

 

5 thoughts on “Ausstellung am Regensburger Domplatz zeigt das Leben der Flüchtlinge auf Lesbos

  1. Die Ziele von Alea Horst sind sehr honorig, ambitioniert und nachvollziehbar. „Ich wollte mir nicht vorwerfen müssen, dass ich es nicht wenigstens versucht hätte, die Welt zu verbessern.“
    Wie aber will denn ein einzelner Mensch die Welt verbessern?? Da kann man auch genauso versuchen, einen komplett verdrehten Zauberwürfel zu lösen. Man dreht einfach drauf los, und kommt nie zum Ziel. Ohne die peinlich genaue Einhaltung von durch die Mathematik vorgegebenen Lösungsansätze wird das nämlich nichts. Und wer sie selber ohne entsprechende Vorkenntnisse entwickeln kann, den darf man zurecht als Genie bezeichnen.
    Frau Horst ist ganz einfach das, was man eine Sozialromantikerin nennt, wie viele andere auch.
    Ihr und ihren Mitromantikern kann man nur ein Zitat des von mir sehr geschätzten Peter Scholl-Latour entgegenhalten:
    „Wer Kalkutta retten will, und halb Kalkutta bei sich aufnimmt,
    der rettet Kalkutta nicht, der wird selber zum Kalkutta“
    Dieses Zitat mag abgedroschen klingen, weil man es inzwischen schon reichlich oft gehört hat, es stimmt aber dennoch!

    Auch gefällt mir in diesem Zusammenhang eine Aussage des von mir ebenfalls sehr geschätzten ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt zum Thema Zuwanderung und Migration:
    „Die Zuwanderung von Menschen aus dem Osten Anatoliens oder aus Schwarzafrika löst ein Problem nicht, es schafft nur ein zusätzlich dickes Problem.“

    Frau Horst will auf Probleme aufmerksam machen. Diese sind jedoch hinlänglich bekannt, sooft wird darüber berichtet, man kann sie garnicht übersehen.

    Frau Horst muß „oft ganz viel Hass aushalten?“ Das glaube ich gerne. Diesen Hass müssen aber Menschen mit gänzlich anderen Ansichten ebenfalls aushalten, sie werden nicht selten als Nazis beschimpft. Genau das sind eben die Folgen einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft, die nicht zuletzt auch durch das Thema „Migration“ hervorgerufen wurde und dessen Scheitelpunkt auch noch nicht erreicht ist.
    Ich wünsche Frau Horst jedenfalls alles Gute für ihr Anliegen.

  2. Lieber Herr Schröder,
    vielen Dank für Ihren Kommentar. Hier in der Redaktion mussten wir schmunzeln. Alea Horst hat uns berichtet, dass Alea übersetzt Würfel heißt.
    Unklar ist uns, wie Sie auf die Idee kommen, dass Alea allein daran arbeitet, ihre Ziele umzusetzen.
    Es gibt sehr viele Menschen, die Alea unterstützen wollen und sich dafür einsetzen, dass unsere Welt besser wird. Vermutlich hat das unser Artikel nicht deutlich genug gemacht. Das tut uns leid und wir werden dem einen weiteren Artikel widmen. Vielen Dank, dass Sie das deutlich gemacht haben.
    Wir vom Sozialboten finden: Kein Mensch hat verdient unter solchen Umständen zu leben und das möchte Alea Horst mit ihren Bildern deutlich machen. Denn auch, wenn wir hin und wieder in den Nachrichten Bilder aus den Lagern sehen, ist uns das Elend doch im Alltag selten präsent. Es braucht aber Bilder, damit wir allesamt mal aufwachen und was tun. Jeder kann helfen. Da sind auch wir vom Sozialboten gerne Sozialromantiker und freuen uns, dass das wohl ansteckend zu sein scheint. Es gibt nun schon sehr viele von uns.
    Zu ihren weiteren Ausführungen: Uns ist aktuell die Haltung von Alea Horst nicht genau bekannt, ob sie tatsächlich alle Flüchtlinge nach Europa holen wollen würde. Dazu werden wir demnächst ein Interview mit ihr machen.
    Aus unserer Sicht gibt es aber noch sehr viel mehr Möglichkeiten, zu helfen und die Diskussion, welchen Beitrag Deutschland und Europa leisten kann, um andere Menschen mehr Frieden in ihrem Land zu bringen, ist vielfältig.
    Wir vom Sozialboten finden: Hier wird viel zu wenig getan und viel zu oft auf politische und wirtschaftliche Interessen geachtet.
    Vielen Dank und herzliche Grüße
    Martina Groh-Schad

    1. Liebe Frau Groh-Schad,
      vielen Dank für Ihre gefühlvolle, „empathische“ Antwort! Um eine mögliche Diskussion sachlich zu halten, habe ich aus gutem Grund meine Meinung zu diesem Thema nur sehr vorsichtig angedeutet. An den üblichen Diskussionen mit gegenseitigen übelsten Beleidigungen habe ich nämlich kein Interesse.
      Es stimmt, „kein Mensch hat es verdient unter solchen Umständen zu leben“, aber leider ist das die Realität für viele, viele Menschen. Sie müssen so leben, nicht nur auf Lesbos, sondern vielmehr auch in ihren Heimatländern. Ich weiß, wovon ich rede, ich habe schon einige Slums gesehen.
      „Wir haben Platz“ ist ganz sicher keine nachhaltige Lösung. Insofern kann ich hier den Versuch, „die Welt zu verbessern“ leider nicht erkennen.

      1. Lieber Herr Schröder,
        vielen Dank, dass Sie sich so ins Thema eindenken. Es freut jeden Journalisten, wenn er bemerkt, dass er einen Leser zum Nachdenken bringt. Noch mehr freut mich, dass Sie schreiben, Sie haben an den üblichen Diskusstionen mit gegenseitien Beleidigungen kein Interesse. Da haben wir viel gemeinsam. Ich finde auch, dass das gar nichts bringt.
        Sie haben natürlich völlig recht, dass Lesbos nur ein Beispiel von vielen ist. Das Elend ist an vielen Stellen auf unserer schönen Erde zuhause. Alea Horst hat übrigens auch in Aleppo fotografiert und Straßenkinder in Bangladesch besucht.
        Auch ich bin der Meinung, dass „wir haben Platz“ nicht die richtige Strategie ist. Das ist aber meine persönliche Meinung und ich kann nur für mich sprechen. Hier möchte ich betonen, dass das im Artikel auch so nicht steht. Ich habe versäumt, Alea Horst zu befragen, wie sie dazu steht. Ich werde das aber nachholen.
        Alea Horst verbessert die Welt, indem sie sichtbar macht, was wir sonst kaum sehen. Sie bringt zum Überlegen, öffnet Herzen und macht das Elend glaubhaft. Denn sind wir doch mal ehrlich: Eigentlich wollen wir gar nicht glauben, was an so vielen Orten auf dieser Welt an schrecklichen Dingen geschieht.
        Wenn wir beim Thema Flüchtlingslager auf Lesbos bleiben, dann ist doch schon viel gewonnen, wenn Menschen bereit sind, für diese Flüchtlinge zu spenden. Hier reden wir ja nicht mal unbedingt von Geld. Es geht um Kleidung, Spielwaren, Körperpflegemittel usw. Wenn Alea Horst mit ihren Bildern hier nur einen Menschen bewegen kann, mit anderen zu teilen, dann ist aus meiner Sicht die Welt schon ein bisschen besser geworden.
        Wir werden ganz sicher nicht alles Elend aus der Welt treiben können, aber wir sollten es trotzdem versuchen, finde ich. In jedem Fall gebe ich Ihnen recht, dass es keine Lösung sein kann, alle Menschen nach Europa zu holen. Spricht man mit Flüchtlingen hier bei uns in Deutschland, kann man ganz oft hören, wie sehr sie ihre Heimat vermissen. Sie wollen eigentlich nach Hause und hoffen auf unsere Unterstützung, dass sie das irgendwann wieder können. Wie das funktionieren kann? Ich habe noch keine Lösung, aber ich denke jeden Tag darüber nach und jeder Tag ist eine neue Chance.
        Herzliche Grüße
        Martina Groh-Schad

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