Endlich wieder zum Stammtisch

Endlich wieder zum Stammtisch

Im oberpfälzischen Lappersdorf haben mobile Teams des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) damit begonnen, die über 80-Jährigen im Markt zu impfen. Die Impfteams wurden sehnlichst erwartet.

Von Martina Groh-Schad =

Lappersdorf –  Erwin Schild vermisst seinen Stammtisch. Der heute 82-Jährige hat sich 55 Jahre lang regelmäßig jeden Freitag in Hainsacker bei Regensburg mit seinen Freunden in einer Gastwirtschaft zum  Stammtisch getroffen. „Wir haben uns unterhalten und es war immer schön“, sagt er. „Wir kennen uns von klein auf.“ Dann kam Corona und plötzlich war das vorbei. Erwin Schild will nicht jammern. „Für uns hier auf dem Land ist es leichter“, sagt er. „Wir können ja draußen spazieren gehen.“ Trotzdem ist er froh, wenn nun irgendwann auch wieder Normalität einkehrt und er mit seinen Freunden ein Bier trinken kann. „Wir werden doch nicht jünger“, sagt er. „Wer weiß, wie lange es überhaupt noch geht.“

Der 82-Jährige hat den heutigen Tag herbei  gesehnt. Seine Frau Erika ist erst 73 Jahre alt. „Die muss noch warten“, sagt er. Aber sie wolle sich auch schnellstmöglich impfen lassen.  Bereits vor Wochen hat er sich als Impfwilliger registriert. Dann begann das bange Warten. Mit jeder negativen Meldung rund um den Impfstoff Astrazeneca  rückte das normale Leben wieder in weite Ferne. „Ich hätte mich auch damit impfen lassen“, betont er. Erwin Schild hat Enkelkinder. Da sie einen großen Garten haben, konnte er sie im vergangenen Jahr regelmäßig sehen. „Es ist halt ein blödes Gefühl und man hält Abstand“, sagt er. In vier Wochen soll er die zweite Impfung erhalten.

Insgesamt 800 Menschen, die über 80 Jahre alt sind, leben laut Bürgermeister Christian Hauner in Lappersdorf. Die Menschen in den Seniorenheimen vor Ort sind nicht mitgerechnet. „Die Impfbereitschaft ist sehr groß“, sagt Hauner.  Zunächst hätten sich 500 über 80-Jährige zur Impfung angemeldet. Davon sind nun 250 Senioren übrig geblieben, die von den mobilen Impfteams innerhalb von zwei Tagen mit Biontech geimpft werden. „Die anderen kamen schon in anderen Impfzentren dran.“ Die Entsendung der mobilen Impfteams in die Gemeinden im Landkreis soll  die Zahl der geimpften Personen erhöhen. Sie dient vor allem Menschen, die aufgrund ihres Alters nicht so mobil sind, um in weiter entfernte Impfzentren zu fahren.

Der logistische Aufwand, der betrieben werden muss, ist groß. In Lappersdorf gelang es durch einen Schulterschluss von Gemeinde, BRK und der freiwilligen Feuerwehr im Ort. Der Parkplatz vor der Grundschule, wo geimpft wird, ist schnell voll. Ehrenamtliche der Feuerwehr haben einen Fahrdienst eingerichtet, um Senioren zu Hause abzuholen und zum Impfen zu bringen. Ein Mitarbeiter der Feuerwehr weist die Fahrzeuge ein und lenkt die Besucherströme, damit alle gut Abstand halten können. Verwaltungskräfte des Marktes gleichen vor Ort die Daten der Ankommenden ab. Die Turnhalle wurde bestuhlt, damit die Senioren, die warten müssen, sitzen können. Die Stühle weisen in unterschiedliche Richtung und sind in großem Abstand aufgestellt. „Es wurde darauf geachtet, dass die Menschen beim Ausatmen in verschiedene Richtungen schauen“, erklärt Christian Reinwald, der federführende Kommandant des Marktes Lappersdorf.  Damit sollen die Senioren gegenseitig geschützt werden.

Bürgermeister Hauner macht sich in der Turnhalle ein Bild von den Abläufen. „Es klappt, weil alle so gut zusammen arbeiten“, sagt er und lobt die vielen Ehrenamtlichen, die sich hier engagieren. „Dazu braucht es auch Arbeitgeber, die das ermöglichen“, erklärt Reinwald. Viele Helfer mussten ihren Einsatz mit ihrer Berufstätigkeit in Einklang bringen. „Hauptsache, es geht nun was voran“, sagt Hauner. „Wir müssen doch diese Pandemie in den Griff bekommen.“

Hinter einer Absperrung haben die mobilen Impfteams des BRK drei Pavillons aufgebaut. Die Teams bestehen meist aus einem Arzt, einer Verwaltungskraft und einem weiteren medizinischen Helfer. Die Impfungen laufen wie am Fließband. Erwin Schild ist dran und kann auf einem Stuhl Platz nehmen. Dr. Maximilian Dietrich bespricht mit ihm den Ablauf. Einige Tage nach der Impfung könne es zu Gliederschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Kopfschmerzen kommen, erklärt ihm der Mediziner aus dem Krankenhaus Wörth an der Donau. Das könne man mit Schmerzmitteln wie Paracetamol gut behandeln. „Nach drei bis vier Tagen ist das in der Regel vorbei“, sagt Dietrich. Der ganze Impf-Ablauf dauert nur etwa fünf Minuten. Ein kleiner Piks und das war es.

„Es hat nicht weh getan“, freut sich Erwin Schild. Nun übernehmen ihn wieder die Helfer von der Feuerwehr. Eine halbe Stunde muss der 82-Jährige nun in der Turnhalle warten. Es soll sicher gestellt werden, dass er die Impfung gut verträgt und es zu keiner Impfreaktion kommt. Dann geht es nach Hause. Dort muss er nochmal warten. Denn erst in vier Wochen gibt es die zweite Impfung, die den vollständigen Impfschutz bietet und zumindest von schlimmen Verläufen der heimtückischen Virus-Erkrankung schützen soll. „Das halten wir jetzt auch noch aus“, sagt Schild und hofft, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen, damit es bald wieder mehr Normalität im Miteinander geben kann.

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